Lady
Lady war keine Schönheit. Ich selbst arbeitete noch als Praktikantin im Tierheim, als ihr Besitzer sie brachte.Er hielt das mächtige Tier an einer dicken Kordel ( für eine richtige Leine war sie
ihm wohl nicht gut genug ) . Mit heiserer Stimme kläffte die Dogge einen kleinen Terrier an , der gerade spazieren geführt wurde . Sie regte sich furchtbar auf dabei ,und man merkte,daß weder
Herr noch Hund schonn einmal etwas von Leinenführigkeit gehört hatten. Nur mit Mühe hielt der mann sich aufrecht ,als er uns erklärte,weshalb er sich von dem Tier trennen wollte . Lady war als
Wachhund gedacht gewesen . Als Welpe hatte er sie bekommen und in den Zwinger gesteckt. So war sie aufgewachsen wie " Kaspar Hauser" und kannte nicht einmal die Grundregeln einer
Mensch-Hund-Beziehung . Stubenrein war die inzwischen anderthalb Jahre alte Hündin auch nicht( wie auch...) Jetzt war sie als Wachhund nicht mehr gut genug . Sie verbellte zwar , war aber für den
Geschmack ihres Herrn nicht scharf ,und ihr Aussehen nicht furchterregend genug . Also mußte sie weg, So kam sie zu uns.
Ich weiß nicht wieso,aber ich schloß das große unbeholfene Tier vom ersten Augenblick an ganz besonders ins Herz. Es war sicher nicht ihr Aussehen... Das Fell war schmutziggelb, der Körperbau für
eine Dogge zu war sie ihm wohl nicht gut genug ) . Mit heiserer Stimme kläffte die Dogge einen kleinen Terrier an , der gerade spazieren geführt wurde . Sie regte sich furchtbar auf dabei
,und man merkte,daß weder Herr noch Hund schonn einmal etwas mächtig und zu breit. Die ganze Schnauzenpatie und die schlecht kupierten Ohren leuchteten rosa wie bei einem Marzipanschweinchen .
Die Krönung waren die leer wirkenden hellblauen Augen ,die unanbhängig voneinander in verschiedene Richtungen zu blicken schienen. Blind war sie nicht , aber eher die Karikatur eines Hundes. Mich
störte das nicht . Aber es würde schwierig werden bei der Vermittlung....
Die Hündin machte es mir nichtbgerade leicht . Ein tapsiger Welpe ist putzig im Ungehorsam ; so ein Kalb eine rechte Plage . Mit ihr spazieren zu gehen ,war keine reine Freude. Zu Anfang
versuchte ich noch voller Optimismus etwas Disziplin zu üben. Zehn Minuten später hing ich kraftlos an der Leine und ließ mich mehr oder weniger hinterher schleifen. Wie vom Donner gerühert blieb
sie dann plötzlich stehen und glotzte in eine bestimmte Richtung . Man merkte schon ,daß sie recht kurzsichtig war . As einiger Entfernung konnte sie einen Menschen nicht von einem Baum
unterscheiden und hielt jede Plastiktüte für einen gegnerischen Hund. Auf ihre Artgenossen polterte sie los , als wolle sie sie in den Boden stampfen. Nicht böse, aber so gar nicht nach
"Hunderegeln" Wo hätte sie auch Sozialverhalten lernen sollen ???? Trotz allem wurde Lady mein ganz besonderer Liebling . Wohl gerade deshalb, weil sie dümmer, häßlicher udn schwieriger war als
andere Hunde. Und weil man sich über sie lustig machte . Lady war ein Hund; und das gerede konnte sie nicht kränken. Aber je mehr man mein rosa Schweinchen verspottete,umso mehr ergriff ich
Partei für sie.
Lady war eine der ersten großen Aufgaben ,die ich bekam. Ich war gerade erst 2 Monate im Tierheim , und hatte noch nicht viel Erfahrung . Heute würde ich ihr sicher besser helfen
können......
Ihr Aussehen konnte ich nicht verändern . Nicht einmal der gelbe Schimmer aus ihrem Fell verschwand nach dem Bad. Aber ich nahm mir vor ,sie zu erziehen , und einen passablen Begleiter aus ihr zu
machen ! es würde sicher nicht leicht werden ,und ihr Begriffsvermögen schien ein wenig schwerfällig . Aber wir hatten ja Zeit . Dachte ich jedenfalls....
Es war ein Schock, als ich erkennen mußte ,wie sehr ich mich da geirrt hatte......
Es war der Morgen , an dem ich unvorbereitet udn nichtsahnend den Tierheimtrakt betrat,um schmutzige Hundedecken einzusammeln. Ich mußte dazu durch den Behandlungsraum ,als ich in der Ecke einen
großen blauen Müllsack liegen sah . Er war prall gefüllt und mit einem Zweiten abgedeckt . Nun bin ich von Natur aus neugierig und hob ihn auf.Es war ein wahnsinniger Schock und das erste und
letzte Mal,daß ich ernsthaft an meiner Arbeit im Tierheim zweifelte .Ich starrte auf das mir wohlbekannte gelbliche Fell. Es war meine Lady ,die da in diesem blauen Müllsack lag.Sie war tot ;
eingeschläfert .......
Am Abend zuvor ,als ich schon weg war , hatte der Tierarzt ihr Leben beendet. Ich war wie gesagt damals noch neu ,und kein " vollwertiges Mitglied" der Tierheimcrew. Man hatte mir wohl extra
nicht gesagt....
Es gab viele Gründe für Ladys Tod,die ich nie verstanden habe und auch nie verstehen werde. Eigentlich ist sie daran gestorben ,daß die Menschen die welt in nützlich und unnütz,schön und häßlich
einteilen. Kreaturen wie Lady passen nicht in dieses Schema.
Man hätte sie sicher hinbekommen . Sie war zwar durch ihre Isolation unerzogen ,aber sie hatte ein gutes Wesen !!! Lady liebte die Menschen ,die sie verspotteten, kannte nichts falsches und war
ohne Arg. Und das ist eine Art von Schönheit,die strahlender ist als jede auch noch so imposante Fassade !!
Für mich warst Du schön!